Ludger Beerbaum schockt
Das Geständnis von Ludger Beerbaum über den Umgang mit Medikamenten hat den Deutschen Reitsport erschüttert. "Ich bin einigermaßen geschockt und entsetzt", sagte am Montag Breido Graf zu Rantzau, der Präsident der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN). Der Verbandschef kündigte eine Untersuchung an: "Es ist vollkommen klar, dass wir uns damit beschäftigen müssen." Beerbaum, der erfolgreichste Springreiter der vergangenen 20 Jahre, hatte gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" eingeräumt: "Im Laufe der Jahre habe ich mich darin eingerichtet, auszuschöpfen, was geht."
Beerbaums Geständnis ist der vorläufige Höhepunkt der Enthüllungen seit den Vorfällen bei den Olympischen Spielen 2008 in Hongkong. Der Weltklasse-Reiter aus Riesenbeck bekannte: "In der Vergangenheit hatte ich die Haltung: Erlaubt ist, was nicht gefunden wird." Immerhin versprach er Läuterung: "Das ist heute nicht mehr aufrechtzuerhalten." Die Bekenntnisse sind vor allem deshalb brisant, weil die deutsche Springreiter-Mannschaft nach den Olympischen Spielen 2004 in Athen die Goldmedaille verloren hatte. Bei Beerbaums Pferd Goldfever waren Spuren von Betamethason gefunden worden, was zwar nicht als Doping, aber als verbotene Medikation eingestuft worden war.

Zurückhaltend kommentierte Bundestrainer Otto Becker die Äußerungen seines ehemaligen Teamkollegen, durch den er 2004 Olympia-Gold verlor: "Athen ist abgehakt." Zu möglichen Auswirkungen bei der Nominierung der Nationalmannschaft sagte Becker: "Ich bin nicht Richter, sondern Bundestrainer. Ob es Strafen gibt und wenn wieviel, das müssen die Verbände entscheiden." Wie bei Ahlmann, der zwei Jahre vom Nationalteam ausgeschlossen ist, werde er sich an die Vorgaben der FN halten.
Der durch den Dopingfall von Christian Ahlmann in Hongkong und die umstrittene Behandlung von Marco Kutschers Olympia-Pferd Cornet Obolensky in die Enge getriebene Verband ist verzweifelt bemüht, den jetzt schon immensen Schaden zu begrenzen. Ein FN-Sprecher betonte am Montag: "Die Aussagen von Ludger Beerbaum stehen für seine Person, sie lassen sich nicht auf den gesamten Spitzensport übertragen." Er kündigte "intensive Gespräche mit Beerbaum" an.
Es scheint auch ein Machtkampf zwischen dem einflussreichen Beerbaum und der Verbandszentrale in Warendorf zu sein. "Da wird ein bisschen gezündelt", sagte Beerbaum. Der Verband geht nun weiter auf Distanz zu seinem erfolgreichsten Reiter. Die FN, die zunächst bei Ahlmann Härte zeigte und dann bei der Aufarbeitung der Kutscher-Affäre ein schlechtes Bild abgab, steht enorm unter Druck - nicht zuletzt wegen der laufenden Verhandlungen über neue TV-Verträge.
Dass es sich bei Beerbaum - wie die FN nun zu erklären versucht - tatsächlich um einen Einzelfall handelt, ist schon allein wegen der Vorkommnisse bei Ahlmann und Kutscher unwahrscheinlich. Zudem hatten bereits in den vergangenen Tagen diverse Aussagen darauf hingewiesen, dass das Problem viel größer als bisher angenommen ist.
Reinhard Wendt, Delegationsleiter in Hongkong, glaubt inzwischen, "dass Manipulationen und Regelverstöße weiter verbreitet sind, als ich es vermutet habe". Er habe den "Eindruck, dass sich über die Jahre Handlungsweisen entwickelt haben, die einerseits bei einigen Reitern als normal empfunden werden, andererseits nicht mit dem Reglement übereinstimmen". Der langjährige Verbands-Chef Hanfried Haring befürchtet: "Wir haben es vielleicht doch mit einer Art Flächenbrand zu tun."
Quelle: DPA
Cat Besitzerin
ARD und ZDF setzen Verhandlungen aus
Durch die anhaltende Doping-Diskussion wächst der Aufklärungsdruck auf die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN): Dem Pferdesport droht das Aus im Fernsehen, ein Turniersterben wäre die Folge. ARD und ZDF wollen die anstehenden Verhandlungen über die Verlängerung des TV-Vertrages aufgrund der aktuellen Enthüllungen vorerst aussetzen. "Wir warten, wie die FN mit diesen Dingen umgeht", sagte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur dpa. "Es ist eindeutig, dass wir gerne Aufklärung hätten."
Nach dem Doping-Urteil für Christian Ahlmann und der umstrittenen Behandlung von Marco Kutschers Olympia-Pferd Cornet Obolensky hatte das Geständnis von Ludger Beerbaum über den Umgang mit Medikamenten in dieser Woche für Wirbel gesorgt. "Von Herrn Beerbaums Aussagen war ich ernsthaft erschüttert", sagte Balkausky. Der erfolgreichste Springreiter der vergangenen 20 Jahre hatte gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" zum Einsatz von Medikamenten gesagt: "Im Laufe der Jahre habe ich mich darin eingerichtet, auszuschöpfen, was geht." Und: "In der Vergangenheit hatte ich die Haltung: Erlaubt ist, was nicht gefunden wird." Der ARD-Sportkoordinator sagte nun: "Die entscheidende Frage ist, wie der Verband reagiert. Er muss sich daran messen lassen, was er tut."
Zum Jahresende läuft der TV-Vertrag der FN mit den beiden öffentlich-rechtlichen Sendern aus. Die Begeisterung bei ARD und ZDF hält sich ohnehin in Grenzen, weil die Einschaltquoten bei Sendungen von Reitturnieren nicht zu den besten gehören. Zweistellige Marktanteile sind die Ausnahme, am Sonntag beim Hamburger Derby verzeichnete das ZDF einen Marktanteil von lediglich 8,3 Prozent. Angepeilt ist ein zweistelliger Wert.
"Reitsport-Übertragungen sind keine Selbstverständlichkeit", sagte ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz am Mittwoch. "Wir werden genau beobachten, was passiert. Wichtig ist, wie der nationale und der internationale Verband mit dem Doping-Problem umgehen."
Für die FN ist weniger die knapp eine Million Euro jährlich aus dem TV-Vertrag wichtig. Entscheidend ist, dass die Turnierveranstalter die Fernsehübertragungen für ihre Sponsoren benötigen. Schon nach den ersten Enthüllungen hatte Paul Schockemöhle gesagt: "Der Druck vom Fernsehen ist enorm. Wenn wir das Doping-Problem nicht in den Griff kriegen, dann ist unser Sport tot." Schockemöhle ist einer der größten deutschen Turnier-Organisatoren und unter anderem an Top-Veranstaltungen wie in Hamburg, München, Hannover oder Leipzig beteiligt.
Die TV-Anstalten hatte bereits nach einem halben Dutzend positiver Proben bei den Olympischen Spielen eine intensivere und transparentere Doping-Bekämpfung gefordert. Nun hat sich die Lage sogar noch zugespitzt. ARD-Sportkoordinator Balkausky sagte: "Wir wissen ja nicht, was noch ans Tageslicht kommt." (dpa)
weitereiter
Doping im Reitsport
ist offenbar schon so normal wie im Radsport ... :(
Und Beerbaum weiß ja wohl schon sehr lange, wie der Hase läuft .... http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=13684075&top=SPIEGEL (zum nachlesen!)
high society
...sic transit gloria mundi...
danke für`s reinstellen,arger artikel...das hatte ich schon total vergessen :-0